Ein vertrauliches Gespräch mit Bonsaimeister Peter Chan

In der Welt des Bonsai gibt es nur wenige Namen, die so viel Aufmerksamkeit erregen wie der von Peter Chan. Als autodidaktischer Künstler, preisgekrönter Gärtner, renommierter Autor und leidenschaftlicher Tänzer verkörpert Chan den Geist des ständigen Lernens und des Strebens nach Spitzenleistungen. Von seiner transformativen Reise, die in den späten 60er Jahren auf einem Londoner Balkon begann, bis hin zur Gründung der ersten Bonsai-Gärtnerei Großbritanniens, Herons Bonsai, ist Peters Leben so faszinierend und fesselnd wie die Bäume, die er liebevoll gestaltet.

Anlässlich seines bevorstehenden Besuchs bei Mistral Bonsai während der Bonsai Konferenz 2024 am 13. und 14. April haben wir uns mit Peter zusammengesetzt, um tiefer in seine Welt einzutauchen, während er weiterhin zahllose Enthusiasten durch seine Bücher inspiriert, von denen viele inzwischen zu begehrten Sammlerstücken geworden sind. Erforschen Sie mit uns die Wurzeln seiner Leidenschaft, die Zweige seiner vielen Talente und das zukünftige Wachstum, das er sich im zauberhaften Reich des Bonsai vorstellt.

Anfänge mit Bonsai

Mistral Bonsai: Peter, was hat Sie ursprünglich dazu inspiriert, in die Welt des Bonsai einzusteigen? Welche Erfahrungen haben Sie als Autodidakt in dieser Kunst gemacht?

Peter Chan: Als ich 1966 heiratete, war unser erstes Haus eine Wohnung mit einem Balkon, und da ich mich für Gartenarbeit interessierte, musste ich alles, was ich anbaute, in Töpfe pflanzen. Damals begann ich, mich für Keramik zu interessieren, und so machte ich auch einige Töpfe für meine Pflanzen. Das war der Beginn meiner Bonsaireise. Ich experimentierte mit Pflanzen, die in kleinen Töpfen wuchsen, und all meine Erfahrungen stammten daraus.

Berufliche Erfahrung

MB: Bevor Sie sich voll und ganz dem Bonsai widmeten, arbeiteten Sie als Elektroingenieur und Redenschreiber. Wie hat diese Erfahrung Ihre Herangehensweise an den Bonsai und die Gründung von Herons Bonsai beeinflusst?

PC: Als Ingenieur in der britischen Elektroindustrie und später in der britischen Regierung als Berater für Energiepolitik bestand meine Aufgabe darin, Probleme zu lösen. Mit meinem wissbegierigen Verstand habe ich immer versucht die Wissenschaft zu verstehen und was sich dahinter verbirgt, genauso wie bei den Pflanzen, wie sie wachsen, insbesondere die Bonsai. Ich sehe mein Geschäft sogar als Herausforderung und es ist eine Übung für Problemlösungen.

Herons Bonsai

MB: Wie haben Sie Ihre Leidenschaft für Bonsai in ein florierendes Unternehmen umgewandelt und welche Herausforderungen gab es bei der Gründung von „Herons Bonsai“?

PC: Jede Unternehmensgründung ist schwierig. Als ich die Herons Bonsai Nursey gründete, musste ich drei Jahre lang in zwei Jobs arbeiten. Ich konnte meinen Job in der Verwaltung in diesen drei Jahren nicht aufgeben, weil ich meine Familie nicht mit Bonsai ernähren konnte. Am Anfang war es also sehr schwierig.

Chelsea Flower Show

MB: Die von der Royal Horticultural Society of London veranstaltete Chelsea Flower Show, die oft als die „prestigeträchtigste Blumenschau der Welt“ bezeichnet wird und die seit 1913 ein Eckpfeiler im Gartenbaukalender ist, zeigt das Beste, was Gartengestaltung und Gartenbau zu bieten haben, und zieht Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt an. Sie können auf eine beeindruckende Erfolgsbilanz zurückblicken, denn Sie haben bei dieser renommierten Veranstaltung zahlreiche Goldmedaillen gewonnen.

PC: Ja, ich stelle seit 1993 auf der Chelsea Flower Show aus und habe 21 Goldmedaillen gewonnen, lange bevor ich auf die Idee kam, mein Bonsai-Hobby zu einem Geschäft zu machen. Meine Ausstellungen waren immer innovativ.

Bonsai-Publikationen

MB: Ihre Bücher haben nicht nur als Referenztexte für viele Bonsai-Enthusiasten gedient, sondern sind auch zu begehrten Kostbarkeiten geworden, von denen einige Ausgaben bereits vergriffen sind. Planen Sie angesichts ihrer anhaltenden Wirkung und Nachfrage, diese Klassiker nachzudrucken oder neu aufzulegen, und haben Sie neue Bonsai-Schreib- oder Buchprojekte in Arbeit?

PC: Ich habe 9 Bücher geschrieben (oder 10, wenn man die überarbeitete Version meines zweiten Buches „Bonsai Masterclass“ mitzählt). Ich beherrsche die englische Sprache gut und als ehemaliger Redenschreiber fällt mir die Kunst des Schreibens leicht. Ich bezweifle, dass ich noch ein weiteres Buch schreiben werde, da mein YouTube-Kanal meine bevorzugte Methode der Kommunikation ist.

Japanischen gärten

MB: Neben Bonsai haben Sie sich auch an die Gestaltung japanischer Gärten gewagt. Wie ergänzen sich diese beiden Künste und was hat Sie dazu bewogen, sich mit der Gartengestaltung zu beschäftigen?

PC: Das Anlegen japanischer Gärten ist wirklich eine Erweiterung des Bonsai, da die Ästhetik sehr ähnlich ist. Ich mag auch die japanische Kultur, obwohl ich kein Japaner bin. Ich habe die japanische Gartenarbeit immer als eine Herausforderung gesehen, aber auch als eine weitere Einnahmequelle für unser Geschäft. Etwas zu tun was Spaß macht, und damit auch Geld zu verdienen, ist gar nicht so schlecht.

Leidenschaft für den Tanz

MB: Neben Ihrer Liebe zum Bonsai begeistert Sie auch das Tanzen, vor allem Gesellschaftstanz und Modern Jive. Wie kam es zu Ihrem Interesse am Tanz und wie verbinden Sie diese Leidenschaft mit Ihrer Arbeit am Bonsai?

PC: Meine geliebte Frau litt 27 Jahre lang an Krebs, bevor sie verstarb. Als sie krank war, ermutigte sie mich, ein soziales Leben zu führen. Also habe ich mit dem Tanzen begonnen, was Spaß macht und eine soziale Aktivität ist. Jetzt tanze ich West Coast Swing und Ausdruckstanz. Wenn ich ein anderes Leben hätte, würde ich gerne Flamenco lernen. Vielleicht könnten Sie das für mich organisieren (das war ein Scherz).

Andere Interessen

MB: Peter, wir haben bereits über deine Liebe zum Bonsai und zum Tanzen gesprochen, aber ich bin neugierig, ob du irgendwelche besonderen Hobbys oder ungewöhnliche Interessen hast, von denen die Leute vielleicht überrascht wären, wenn sie davon erfahren würden. Vielleicht ein unkonventionelles Lieblingswerkzeug für den Garten oder einen Tanzschritt, den du in deiner Freizeit versuchst zu perfektionieren?

PC: In meiner Jugend war ich Meister im Radfahren von Ostindien. Schwimmen habe ich erst spät mit 55 Jahren gelernt und bin Schwimmtrainer geworden. Ich liebe es, mich fit zu halten, und bin immer noch körperlich sehr aktiv, deswegen bin ich körperlich fit.

Ausbildung und Anerkennung

MB: Sie haben die Auszeichnung “Distinguished Alumni Award“ des renommierten Indian Institute of Technology in Kharagpur erhalten. Was bedeutet diese Anerkennung für Sie und wie hat Ihr akademischer Hintergrund Ihre Bonsai-Karriere beeinflusst?

PC: Das Indian Institute of Technology in Kharagpur ist die größte Technologieuniversität in Indien. Der weltweite Chef von Google, Sundar Pichai machte 1993 seinen Abschluss, während ich 1962 meinen Abschluss machte. Unser Institut hat einige sehr berühmte Unternehmer in der Welt hervorgebracht. Auch hier hat mir mein technischer Hintergrund im Leben sehr geholfen. Das Lösen von Problemen und das Streben nach Spitzenleistungen sind Teil meiner Ausbildung.

Reisen und Bonsai

MB: Gibt es in Anbetracht Ihrer umfangreichen Reisen und Ihres vielfältigen Wissens einen bestimmten Ort auf der Welt, der Peter Chans Bonsai-Kreationen unerwartet beeinflusst oder inspiriert hat? Vielleicht eine amüsante Anekdote im Zusammenhang mit Bonsai-Reisen?

PC: Mein kürzlicher Besuch in Taiwan, um Bonsai zu sehen, hat mich in Ehrfurcht zurückgelassen, von dem was die Taiwanesen dort schaffen und gestalten. Wir können eine Menge von ihnen lernen. Jede Kultur kann dem Rest der Welt etwas lehren. Niemand sollte so arrogant sein zu glauben, er sei der Beste. Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst.

Niemand sollte so arrogant sein zu glauben, er sei der Beste. Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst.

Youtube Kanal von Peter Chan

MB: Ihr YouTube-Kanal ist sehr populär geworden. Was hat Sie dazu motiviert, sich auf dieses Abenteuer einzulassen und wie war es für Sie, über diese Plattform mit Bonsai-Enthusiasten aus der ganzen Welt in Kontakt zu treten?

PC: Mein YouTube-Kanal ist jetzt meine Lebensaufgabe und ich habe festgestellt, dass er mächtiger ist als das geschriebene Wort. Ich unterrichte auf eine einfache und unkomplizierte Art und Weise, und das gefällt meinem Publikum sehr gut. Ich bin erstaunt, dass ich in so kurzer Zeit fast eine halbe Million Abonnenten und mehr als 50 Millionen Aufrufe habe, was in der Bonsai-Welt keine schlechte Leistung ist.

Entdecken Sie hier den YouTube-Kanal Herons Bonsai.

Über Ihre Visionen für die Zukunft

MB: Nach Jahrzehnten in der Bonsai-Welt und zahlreichen Auszeichnungen, was sind Ihre Pläne und Wünsche für die Zukunft der Bonsai-Welt?

PC: Ich genieße Bonsai und sehe meine Aufgabe im Leben als Lehrer und Mentor.

Ich genieße Bonsai und sehe meine Aufgabe im Leben als Lehrer und Mentor.

 

Bonsai und die Gesellschaft

MB: Glauben Sie, dass die Bonsaikunst und ihre Philosophie unser tägliches Leben und damit auch unsere Gesellschaft verändern oder gar verbessern kann? Wie?

PC: Ein wahrer Naturliebhaber und ein wahrer Bonsai-Liebhaber muss bescheiden sein. Ich führe ein ziemlich einfaches Leben und mein Ziel im Leben ist es, ein anständiger Mensch zu sein, das ist alles, was ich sein möchte.

Ratschläge für Anfänger

MB: Welchen Rat würde Peter Chan jemandem geben, der in der Bonsai-Welt neu anfängt und eine Stufe der Meisterschaft wie Sie erreichen möchte?

PC: Bleiben Sie sich selbst treu, kümmern Sie sich nicht zu sehr darum, was die Leute über Sie sagen oder denken. Machen Sie Bonsai zum Vergnügen und nicht für Ruhm oder Lob von anderen.

Als sich unser Gespräch dem Ende zuneigt, wird klar, dass Peter Chan nicht nur ein Meister des Bonsai ist, sondern ein Meister des Lebens, der Kunst und der Natur. Er lässt seine Leidenschaft in alles einfließen was er tut. Seine Geschichten über Hingabe, Innovation und Liebe zur Bonsaikunst und zum Tanz erinnern uns daran, dass Schönheit im Detail und Freude an der Pflege des Wachstums zu finden sind, sei es in Bäumen oder in uns selbst. Wir lassen uns nicht nur von den herrlichen Bonsai inspirieren, die Peter erschafft, sondern auch von seinen Erfahrungen und seinem Wissen, das er großzügig weitergibt. Während er weiterhin formt, lehrt und inspiriert, ist eines klar: Peter Chans Vermächtnis wird Generationen überdauern und Leben und „Likes“ auf der ganzen Welt berühren.

Am 13. und 14. April werden wir anlässlich die Bonsai-Tagen 2024 in den Genuss des Wissens von Peter Chan kommen, eine exklusive und kostenlose Gelegenheit, einer Vorführung einer echten Referenz in der Welt des Bonsai beizuwohnen. Sie wollen es sicherlich nicht verpassen?